Etappenfahrt Costa Blanca

Frühlingserwachen und Einrollen in der Region von Torrevieja, Spanien, an der Costa Blanca und das im März schon mit herrlich sommerlichen Temperaturen.

Mal eben mit dem Wohnmobil von Deutschland ans Mittelmeer, dem Winter entfliehen. Ok, die Non-Stopp-Autofahrt hat ein paar Stunden in Anspruch genommen. Doch kaum die Grenze nach Spanien überquert, stieg neben der Vorfreude Anfang März das Quecksilber direkt über die 20°C-Marke. Der volle Campingplatz bot für uns, nur noch einen Stellplatz am Rand, ohne Wifi- und TV-Empfang, doch dafür ein ruhiges windgeschütztes Eckchen in der Sonne und ausreichend Platz, um unsere Räder zu warten und geschützt abzustellen. Eben alles eine Frage der Priorität.

Nach einer nachgeholten Portion Schlaf ging’s bei sommerlichen Temperaturen voller Begeisterung direkt aufs Rad. Zunächst nach Süden Richtung Cartagena, möglichst nah am Mittelmeer entlang mit nicht ganz so vielen Höhenmetern und den Leuchtturm „Faro Cabo de Palos“ immer mal wieder im Blickfeld. Gpsies spielte meinen Planungen den einen oder anderen Streich. Dem Track folgend, stand irgendwann ein Zaun oder ein verschlossenes Tor, mit absolut keinem Durchkommen im Weg und ich durfte umkehren, leider nicht nur einmal. Noch dazu Rampen wieder hoch, die sich vorher herrlich herabrauschen ließen mit der Zusatzaufgabe, eine funktionierende Umgehungslösung zu finden. Meine Planung direkt am Meer zu radeln, wies in der Realität ungemein viel Verkehr auf und auch die Hauptstraße N332 zusätzlich das eine oder andere tiefe Loch im Asphalt. Der spanische Autofahrer überholt zwar respektvoll, doch die Menge des Verkehrs ist auf die Dauer anstrengend. Außerdem stellte sich noch ein norddeutscher Bekannter, genannt Gegenwind, ein, der einem das Vorwärtskommen durchaus erschwerte. Letzterer bläst hier gerne recht kräftig durch die Lande.

Jedes Durchqueren einer Ortschaft erfordert die volle Aufmerksamkeit, denn die zahlreich auftretenden „Drempel“ (Drempel: Bodenwelle auf der Straße zur Geschwindigkeitsreduzierung (niederländische Bezeichnung) ), können einem schon den Lenker aus der Hand schlagen, insbesondere wenn sie unbemerkt auftreten, womöglich noch im bergab. Wer noch nicht das Fahren im Kreisverkehr beherrscht, lernt es hier spätestens.

Um nach der Pause am Strand bei einem „Aqua con gas“, was sich in einer Bar recht günstig erstehen ließ, wenigstens auf dem Rückweg Erleichterung zu erlangen, wählte ich die Route, an einem im Inland verlaufenden Bewässerungskanal, dem Canal Levante, über längere Distanz (mindestens 30km), welcher zur echten Genießerstrecke avancierte. Rückenwind bzw. größtenteils Windschutz, kaum Anstiege, nur vereinzelt Radfahrer, Fußgänger, Inliner oder Hunde sowie keine Autos entschädigten für alle Strapazen und Überraschungen auf dem Hinweg und entwickelte sich im Laufe der Woche zum Lieblingsweg, sobald ich aus Süden kommend, die Strecke Richtung Torrevieja einschlug. Eine kleine Herausforderung bot dieser Weg zwischendrin dennoch, nämlich ca.1,4km festen Sand-/Schotterweg mit Loch an Loch. Doch was ist das schon gegen eine Strecke mit penetrantem Autoverkehr? Verließ man den ruhigen Kanalweg, ging’s sofort wieder (rampenartig) aufwärts bzw. begann das Vergnügen mit den spanischen Autofahrern.

Zu meiner Überraschung zog ich mir in der ganzen Woche nicht einen Plattfuß zu, d.h. so schlimm war der zuvor erwähnte Schotterabschnitt wohl doch nicht, obwohl ich hier jedes Mal mit akuter Luftnot im Pneu rechnete. Insgesamt fiel mir auf, dass sich auf den Straßen, den Seitenstreifen, einer „Via Servicio“-Spur oder auch auf den wenigen vorhandenen Radwegen sehr viel Splitt befand.

Am Dienstag nach Absprache nun erst ein Stück mit dem Auto und anschließend ziemlich verkehrsarm in kleiner Gruppe nordwestlich von Alicante durch die Berge, die es in sich hatten. Immerhin erreichten wir, gestartet bei unter 400m, die 1000m-Marke, was auf kleinen braunen Hinweisschildern mit z.B. „Cota 1000m“ mitgeteilt wurde.

Immer wieder wurde an den Radfahrer gedacht und dieser erhielt auf einer Tafel Informationen auf welcher Distanz er wieviel Höhenmeter mit welcher maximalen Steigung zu erwarten hatte. Für uns kamen heute alleine auf den ersten 130km schon 2500Höhenmeter zusammen. Der Rest der Strecke verlief wenigstensflach. Zusätzlich gab’s guten Straßenuntergrund, historische pittoreske Ortschaften, gigantische Aus- und Weitblicke, steigenden Temperaturen, frischen Wind und dem Highlight „Safari Altana“vorbei an (echten) Giraffen, Tigern und Löwen. Letztere hatten heute keinen Appetit auf Radfahrer, denn sie lagen faul im Schatten und dösten vor sich hin. Das zugehörige Restaurant Cannibal bot dafür herrlich gekühlte Erfrischungsgetränke an. Die mitgeführte Flüssigkeit war für uns bis zum höchsten Punkt schon längst verbraucht und die Pause im Schatten vor dem „Cannibal“ angenehm erholsam.

Die anschließende längere Abfahrt forderte meine Bremstechnik und vereinzelte Böen brachten mich richtig ins Trudeln. Doch Ende gut, alles gut! Mittlerweile begleitete mich ein nicht ortbares, jedoch zunehmendes Geräusch am Rad. Abends stellte sich heraus, dass das Ritzelpaket zu viel Spiel hatte, obwohl festangezogen. Trotz Überbrückungslösung musste unbedingt ein zusätzlicher Distanzring her. Diesen aufzutreiben gestaltete sich über mehrere Tage schwierig.

Am nächsten Tag, Mittwoch, nun unbedingt mit möglichst wenig Höhenmetern, zunächst landeinwärts Richtung Nordwesten, was denn überhaupt in dieser Richtung „flach“ möglich war, damit der Rückweg von Rückenwind geprägt würde. Traumhaft ist die Route am Stausee „Embalse de la Pedrera“vorbei. Ob direkt oder auch eine Etage höher ist der Blick auf diesen inklusive der wechselnden Wasserfarbe einfach zu schön und die Strecke hier mit nur wenig Verkehr verbunden. Sobald es wieder auf größere Straßen geht, steigt das Verkehrsaufkommen sofort deutlich an. Nach den Höhenmetern des Vortages kam mir heute jede Welle als Herausforderung vor. Ich suchte lange nach einem schönen Pausenplätzchen im Schatten, welches sich erst nahe Murcia in einem Pinienhain fand. Über einem Bogen Richtung Südwesten zurück, natürlich wieder am Canal Levante.

Donnerstag nun flach in Richtung Orihuela, entlang einer langen hochgelegten Wasserleitung, die aus den Bergen kommt. Der Wind gab alles. Ich sehnte mich nach dem Windschatten am Wohnmobil, obwohl ich viel hinten fahren konnte.

Freitag früh, ups, was war denn das, war es richtig kalt und erforderte zunächst sogar lange Handschuhe. Doch schon bis zum Mittag hatte die Wärme wieder die Überhand, alle Zusatzkleidung war abgelegt, und wir genossen die Strecke an der Küste in Richtung Naturreservat zur Saline bei San Pedro del Pinatar (Parque Regional de las Salinas San Pedro del Pinatar). Die Flamingos hatten sich weit nach Lee verzogen, wodurch der geplante Fotostopp nicht sehr ergiebig wurde. Mein „Aqua con gas“ in einer kleinen Bar am Hafen wegen des Windschattens, fiel diesmal teuer aus. Dies hier war eben Touristengebiet und damit stiegen die Getränkekosten sofort. Den Rückweg natürlich am Canal Levante. Diesen zu erreichen, war diesmal die Herausforderung, weil sich unendlich viele Einbahnstraßen in den Weg stellten und irgendwann nur noch Schieben half, um wieder regelkonform in die gewünschte Richtung fahren zu können. Heute war die Route am Kanal Höhe La Zenia durch ein verschlossenes Tor unterbrochen. Wenn wir schon nach La Zenia hoch- und reinfahren mussten, so konnten wir auch am Zenia-Boulevard noch einen kleinen Einkauf absolvieren, dessen Umfang der mitgeführte kleine Rucksack limitierte. Bei gut 26°C und Windschatten rundete das Eis diese Etappe ab.

Samstag wieder nach Nord-Osten, auf anderen Wegen als am Donnerstag, am Aeroporte Alicante/Elche vorbei, diesmal mit Pause in Valverde und im Speedtempo zurück nach Torrevieja. Ich war erstaunt, wie gut es dennoch lief.

Sonntag folgte noch ein besonderes Highlight mit einigen Höhenmetern: El Gurrachal und Cresto Gallo. Am Stausee herrschte emsige Betriebsamkeit. Die gewohnte Ruhe gab es hier heute nicht. Ich wurde von Mengen der Radler fast umgefahren. Selbst Profiteams mit Begleitwagen waren heute hier unterwegs.

Der danach folgende 10km lange Anstieg zum Collado (Pass) Ginovinos ließ sich bei vielfach erneuerten Straßenabschnitten und moderatem Anstieg richtig gut fahren. Pass Nummer zwei, „El Gurrachal“, nicht wirklich hoch, musste gegen kräftigen Gegenwind erarbeitet werden und kam gefühlt längere Zeit nicht näher.

Das helle Gebäude, das Restaurant, oben am Pass, immer in Sicht liegend, zeigte das (Nicht-)Näherkommen auf. Die folgende Abfahrt durch das eindrucksvolle Tal beinhaltete ungemütliche Gegenanstiege, die den reinen Genuss doch störten. Das sich daran anschließende lange Gekletter ab San Jose de la Vega am Cresto Gallo ist landschaftlich wunderschön, nahezu ohne Autoverkehr, mit mehrfach hochprozentigen Rampen beisehr rauem immer schlechter werdenden Asphalt, heute bei 31°C im Schatten, eine Herausforderung für sich und kostete mehr Körner und Zeit als vermutet. Der hiesige Pinienhain spendete wenig Schatten und in der Sonne stieg mein Tachothermometer bis auf 38°C an. Sehr schnell war das mitgeführte Wasser verbraucht.

Endlich oben angekommen präsentierte sich eine gigantische Aussicht übers Tal. Die Abfahrt muss man sich nun mit den Autos teilen. Als Radfahrer ist man in den Serpentinen wendiger und schneller als die Autos, doch bremsen die einen glatt aus, da es fürs Überholen zu eng ist. Wirkliche Abkühlung brachte diese Abfahrt nicht und je weiter man sich dem Tal näherte, spürte man die steigende Temperatur. In der Nachmittagshitze flach durch viele kleine Ortschaften, wie z.B. Los Dolores, Beniaján, Beniel, El Mojón, Bigastro Richtung Etappenende.

Einmal muss man vor Torrevieja immer noch irgendwo über den Höhenzug. Die Gpsies-Planung hielt dafür verkehrsarme kleinere, jedoch unfreundliche und unnötige Anstiege bereit, die sich für mich – mittlerweile wieder ohne Wasser – nur noch schwerlich fahren ließen. Auf dem letzten Höhepunkt ergibt sich ein immer wieder imposanter Blick auf die nahen Salinen (Laguna Salada de Torrevieja und Laguna de Mata) sowie auf das am Horizont liegende Torrevieja.

Glücklich und zufrieden, doch erschöpft und versalzen, endete für mich die heutige Tour sowie viel zu schnell die rasant vergangene Etappenfahrt mit über 1000 Km an der Costa Blanca. Das kühle Getränk am Wohnmobil schmeckte zum Abschluss ganz besonders gut! Viel lernte ich über Radfahren in Spanien, den Straßen und dortiger Streckenplanung hinzu. Insofern denke ich nach Streckenoptimierung über eine Wiederholung in 2020 nach. Wäre das nicht auch etwas für Sie/Dich?

¿Hasta el próximo año en Torrevieja?

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